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Manche Zeitschrift informiert mehr, manche dient mehr der Unterhaltung

Das Netzwerk Recherche verleiht alljährlich die „Verschlossene Auster“, um restriktive Informationspolitik an den Pranger zu stellen. Nachdem in der Vergangenheit u.a. Heckler & Koch, der ADAC, die FIFA und Wladimir Putin an der Reihe waren trifft es in diesem Jahr die “Regenbogenpresse” als vermeintlich „böses“ Zeitschriftensegment. Stellvertretend für alle wöchentlichen Frauenzeitschriften nennt das Netzwerk:

  • die Funke Mediengruppe (für die Magazine „Die Aktuelle“, „Das goldene Blatt“, „Frau aktuell“)
  • die Hubert Burda Media Holding (für das Magazin „Freizeit Revue“)
  • die Bauer Media Group (für die Magazine „Das neue Blatt“, „Freizeitwoche“, „Neue Post“, „Das Neue“).

Bemerkenswert ist dabei: Das Netzwerk Recherche kritisiert nicht bloß, dass die Verlage „ungern Auskunft geben zu Form, Machart und Inhalt ihrer Magazine“. Vielmehr macht es die genannten Titel für Glaubwürdigkeitsverluste der Medien verantwortlich – gerade so als habe sich die Medienkritik der letzten Jahre nicht an der Kampagne gegen Christian Wulff entzündet oder an manchen TV-Berichten über die Ukraine und die Flüchtlingskrise, sondern an Reportagen über Königin Maxima.

Kritik am Netzwerk Recherche

Horizont-Redakteur Roland Pimpl kritisiert daher seinerseits das Netzwerk Recherche. Er wirft ihm vor, sich mit intellektueller Arroganz über eine Leserschaft von zehn Millionen Menschen zu mokieren, zumeist Frauen, die für die genannten Zeitschriften sogar viel Geld ausgeben würden, und das auch noch völlig freiwillig, anders als beim Gebührenfernsehen. Zwar werde in den genannten Zeitschriften tatsächlich viel spekuliert und phantasiert, schreibt Pimpl. „Eine Prinzessin, die auf einem Foto zufällig mal die Hand vor ihren Bauch hält, lässt den Regenbogenwald schnell ´Babyglück´-Schlagzeilen gebären.“ Es sei, so Pimpl, aber abwegig, diese Titel für Glaubwürdigkeitsverluste der Medien verantwortlich zu machen:

„Die bunten Blätter leben gut damit und davon, bewusst Teil der Unterhaltungsindustrie zu sein – und nicht der Informations- und Aufklärungsbranche. Das weiß auch jeder, auch die Leserinnen selbst. Insofern ist es arg viel der Ehre, den Yellows Schuld am Glaubwürdigkeitsverlust der Medien zuzuschreiben – ganz so, als gäbe es sie nicht, die Hinterfragwürdigkeiten der Politikpresse, die doch wohl ungleich schwerer wiegen als dann doch nicht schwangere Prinzessinnen.“

Ähnlich deutlich weist VDZ-Präsident Stephan Holthoff-Pförtner in einem Interview mit „Kress Pro“ darauf hin, dass manche Schlagzeile eben mehr als Unterhaltung denn als Information gelesen werde.

Empirische Sozialforschung hilft bei vielen Recherchen

Die Markt-Media-Studie best for planning (b4p) stützt die Sichtweise von Roland Pimpl und Stephan Holzhoff-Pförtner (Grafik1). Wer die Medien vor allem zur Information nutzt, interessiert sich mehr für Themen wie Politik und Zeitgeschehen, Geldanlage und Steuern. Wer hingegen die Medien hauptsächlich zur Unterhaltung nutzt, interessiert sich mehr für Stars, Prominente und Menschenschicksale. Versteht sich, dass Erstere eher zum Spiegel greifen und Letztere eher zu Frau im Spiegel (Grafik 2). Das eine ist ein Nachrichtenmagazin, das andere eine unterhaltende Frauenzeitschrift. Die Überschneidung der Leserschaften ist überschaubar. Die Leute fragen unterschiedliche Lesestoffe nach, die Verlage liefern unterschiedliche. Das nennt man Marktwirtschaft. Dass in allen Genres die Regeln des journalistischen Handwerks gelten sollten (und dennoch immer wieder mal verletzt werden), steht auf einem anderen Blatt.

 

2018-01-12T12:22:59+01:00 Juni 19th, 2017|Insights|0 Comments