In der Coronakrise wurden bestimmte “weiche” Auflagensparten mehr durch administrative Verfügungen als durch den Markt beeinflusst. Der Flugverkehr kam zeitweise fast ganz zum Erliegen – mit entsprechenden Folgen für die Bordexemplare. Ärzte und Friseure, soweit sie überhaupt tätig sein konnten, durften keine Lesezirkelhefte auslegen. Die besonderen Umstände hatten zur Folge, dass die “harte” Auflage, bestehend aus Abo und EV, sich bei vielen Zeitschriften wesentlich stabiler entwickelte als der Gesamtverkauf.
Blickt man auf die 30 auflagenstärksten frei verkäuflichen Titel (Tabelle unten), so war der Verkauf zumeist gegen Vorjahr rückläufig. Zuwächse verbuchen nur Landlust (+4,4 Prozent) und Landidee (+9,4 Prozent) sowie nurTV plus (+0,6 Prozent) und TV für mich (+2,2 Prozent). Die anderen Zeitschriften der Top 30 verloren mehr oder weniger stark an Gesamtauflage, wobei sich aber bei zwei Dritteln Abo und EV stabiler entwickelten als der Verkauf insgesamt.
Wer nur auf den Gesamtverkauf schaut, überschätzt die Verluste für die Verlagskassen, weil Abo und EV die margenstärkeren Sparten sind. So verlor zum Beispiel der Stern fast 19 Prozent Gesamtauflage, aber nur rund drei Prozent von der “harten” Auflage. Der Spiegel büßte gut neun Prozent Gesamtauflage ein, doch die Summe aus Abo und EV blieb auf dem Vorjahrsniveau. Bunte verlor 20 Prozent insgesamt, doch betrug der Verlust in den beiden “harten” Sparten acht Punkte weniger. Für Brigitte steht beim Verkauf ein Minus von fast neun Prozent, doch im Abo und am Kiosk ging der Verlauf um weniger als ein Prozent zurück. Auch bei Auto Motor und Sport, Bild der Frau, Hörzu und Freizeit Revue klaffen die beiden Minusraten um drei Punkte oder mehr auseinander.
Der Zeitschriftenmarkt hat sich im Laufe der Zeit immer weiter ausdifferenziert. Auflagenwachstum findet vielfach bei kleineren Spezialtiteln außerhalb der Top 30 statt. Von den fünf Titeln die in absoluter Rechnung am stärksten gegen Vorjahr zulegen konnten (Abb. unten), rangieren nur zwei – Landidee und Landlust – unter den dreißig meistverkauften. Bravo, der Klassiker für Jugendliche sowie Kinderzeitschriften Mia and me und Lego Star Wars Magazin gewinnen fünfstellig in absoluter und zweistellig in relativer Rechnung hinzu.
Unter den Auflagengewinner (Grafik unten) findet man noch diverse weitere Kinderzeitschriften – kein Wunder, mussten doch die lieben Kleinen während des Lockdowns oft in der Wohnung beschäftigt werden. Erwachsene widmeten sich vielfach der Verschönerung des Heims. Davon profitierten Titel wie Frau im Trend Wohnen & Wohlfühlen, Lisa Wohnen und Dekorieren, Landidee Wohnen und Dekorieren. Wer einen Garten hatte, kaufte sich außer den großen Landmagazinen vielleicht auch Lisa Blumen & Pflanzen oder Gartenspaß. Die historisch beispiellose Schwankung der Börsenkurse – der DAX verlor 40 Prozent, berappelte sich aber überraschend schnell wieder – hat vor allem den digitalen Angeboten der Zeitungen und Zeitschriften Zulauf gebracht, wie Nutzerzahlen und Visits zeigen. Doch mit Der Aktionär und Börse online befinden sich auch zwei Printangebote unter den Gewinnern.