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Print oder digital – wo erzielt eine Medienmarke mehr Reichweite?

Äpfel und Birnen kann man nicht vergleichen? Klar kann man das. Zum Beispiel hinsichtlich des Fruchtzuckergehalts, des Vitaminreichtums und des Preises. Unsinnig wäre es allerdings, den Preis von drei Kilo Äpfeln mit dem von einem Kilo Birnen zu vergleichen. Kurz und gut, der Volksmund plädiert mit seinem Obstsorten-Ausspruch nicht gegen Vergleiche schlechthin, wohl aber gegen unsinnige Vergleiche.

Unsinnige Vergleiche wurden in der Vergangenheit oft zwischen Print  und Online vorgenommen. Sogar der weltweit bewunderte „Innovation Report“ der New York Times, ein ansonsten lesenswertes Dokument aus dem Jahr 2014, enthielt an einer Stelle baren Unsinn. „Print steht nur für einen kleinen Prozentsatz unserer Leser“, stand dort. Die Verfasser hatten die damals 50 Millionen Nutzer der Website nytimes.com mit den fünf Millionen Lesern der gedruckten New York Times verglichen. Dumm nur: Die Printleserzahl bezog sich auf den (Erscheinungs-)Tag, während die Zahl der Leser im Netz auf Daten basierte, die die Firma Comscore für einen ganzen Monat auswies.

Bei uns sind solche Fehlinterpretationen ebenfalls möglich: Die in der Media-Analyse (oder in der AWA) ausgewiesene Leserzahl (Leser pro Ausgabe, kurz LpA) eines Printmediums bezieht sich immer auf das jeweilige Erscheinungsintervall. Das kann z.B. der Tag, sein, die Woche oder der Monat. Die Standardausweisung in den digital facts der AGOF bezieht sich dagegen auf den Monat.

Eigentlich liefert die Markt-Media-Untersuchung best for planning (b4p) crossmediale Markenreichweiten für Deutschland, die sich mit vielen konsumrelevanten Einstellungen und Verhaltensweisen der Nutzer verküpfen lassen. Da bleiben für eine solide Marketing- und Mediaplanung kaum Wünsche offen.

Zu Fehlinterpretationen kommt es dennoch immer mal wieder, wenn Daten aus Media-Analyse und AGOF-Statistik zu Vergleichszwecken herangezogen werden. Kai Diekmann, damals noch Bild-Chefredakteur, ist Anfang 2015 der gleiche Fehler wie den Strategen der New York Times unterlaufen. Er verglich in einer via Twitter verbreiteten Grafik die tägliche Reichweite der gedruckten Bild-Zeitung mit der monatlichen Reichweite von bild.de. Klar, dass bei diesem Vergleich bild.de weit vorn lag. Sinnvoller wäre es gewesen, die tagesdurchschnittliche Reichweite von bild.de aus den digital facts der AGOF mit dem LpA-Wert der Media-Analyse von Bild zu vergleichen. Dann kommt man nach aktuellem Stand zu dem Ergebnis, dass die Zeitung mit 9,96 Millionen Lesern reichweitenstärker ist als die Website mit 3,98 Millionen Nutzern.

Anders bei der Welt, die ebenfalls im Axel Springer Verlag erscheint: Hier kommt das digitale Angebot mit 1,60 Millionen täglich auf mehr als doppelt so viele Leser wie die Printausgabe mit 700.000. Relativ ausgeglichen ist das Verhältnis bei anderen überregionalen Tageszeitungen. Die Süddeutsche Zeitung hat 1,13 Millionen Printleser und im Tagesdurchschnitt 1,03 Millionen Digital-Leser. Bei der F.A.Z. sind es 690.000 Printleser und tagesdurchschnittlich 880.000 Millionen Digital-Leser. Beim Handelsblatt sind beide Zahlen ganz eng beieinander: 380.000 Millionen lesen eine durchschnittliche Ausgabe der Zeitung, 350.000 nutzen im Tagesdurchschnitt die digitalen Angebote. Gewisse Schwächen haben auch diese Vergleiche, doch sind die weniger gravierend: Erstens besteht die Woche aus sieben Tage, während die Zeitungen nur werktäglich erscheinen bzw. börsentäglich im Falle des Handelsblattes. Zweitens sind die Erhebungszeiträume der Studien zeitlich nicht synchronisiert.

Bei Wochentiteln gibt es nur das zweitgenannte Manko. Wenn man aktuelle LpA-Werte aus der Media-Analyse mit den Wochendurchschnitten der AGOF vergleicht, stellt man fest, dass die Marken Spiegel, Focus und Zeit digital höhere Reichweiten erzielen, während der Stern in Print stärker ist (Grafik oben). Bemerkenswert ist die Konstellation bei den People Magazines: Bunte erzielt analog mehr Reichweite als digital, bei Gala ist es umgekehrt.

Als Basis für alle Reichweitenmessungen dienen Kontakte der Menschen mit den unterschiedlichen Werbeträgern: mit Zeitungen und Zeitschriften auf der einen Seite und Websites oder Apps auf der anderen. Selbstverständlich lässt sich nun mit guten Gründen argumentieren, dass Kontakt nicht gleich Kontakt sei. Doch der Kontakt ist eben Ausgangspunkt für alle weiteren Analysen.

Wo die Daten der obigen Grafik bei PZ Online zu finden sind:

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2017-09-28T19:42:39+02:00 Dezember 8th, 2016|Insights|0 Comments