“Die Bürger und die Medien müssen in diesem Wahlkampf besonders sensibel auf Nachrichten reagieren. Sie müssen wissen, dass es Versuche gibt, sie zu manipulieren.“ So warnte schon vor einigen Monaten Dieter Sarreither, der Chef des Statistischen Bundesamtes, der qua Amt zugleich als Bundeswahlleiter fungiert. Sarreither reagierte damit auf den US-Wahlkampf, in dem der Begriff „Fake News“ eine zentrale Rolle gespielt hatte.
Doch die deutschen Wähler sind vergleichsweise gelassen, wie eine neue YouGov-Studie zeigt. Das Institut befragte Ende Mai 2.000 Mitglieder seines Online-Panels. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die wahlberechtigte Online-Bevölkerung.
„Fake News sind überhaupt kein neues Phänomen, Falschmeldungen hat es schon immer gegeben“, meinen 54 Prozent. Nur sechs Prozent halten sich für stark oder sehr stark durch Fake News beeinflussbar. Ihren Mitbürgern trauen viele allerdings weniger Resilienz und Übersicht als sich selbst zu: 25 Prozent glauben, die Bundestagswahl könne stark oder sehr stark durch Fake News beeinflusst werden. Größere Wirkungsmöglichkeiten werden nur TV-Duellen zwischen den Kandidaten zugeschrieben (38 Prozent), Terrorwarnungen und -drohungen (ebenfalls 38 Prozent) sowie einem „schmutzigen“ Wahlkampf (30 Prozent).
Interessant ist, wie man sich nach Ansicht der Befragten am besten gegen Fake News wappnet. Die Antworten zeugen von praktischer Vernunft und beträchtlicher Medienkompetenz. Die Suche nach weiteren Quellen und Veröffentlichungen zum fraglichen Thema halten 74 Prozent für hilfreich – das ist der höchste Wert. 70 Prozent halten die Prüfung des Absenders oder Autors für empfehlenswert, 63 Prozent die Kontrolle der URL.
Zu diesen Ergebnissen passt, dass die Wähler die Vertrauenswürdigkeit einzelner Nachrichtenquellen sehr differenziert beurteilen. Gedruckte Tageszeitungen und Nachrichtenmagazine genießen am meisten Vertrauen. 47 Prozent halten sie für „sehr vertrauenswürdig“ oder „eher vertrauenswürdig“. Auf der anderen Seite stufen nur 13 Prozent sie als „eher nicht vertrauenswürdig“ oder „überhaupt nicht vertrauenswürdig“ ein. Weitere 34 Prozent entscheiden sich für die Antwortmöglichkeit „teils/teils“. Sie differenzieren also noch weiter, sei es nach einzelnen Titeln oder nach einzelnen Themen.
Öffentlich-rechtliche Fernsehsender rangieren fast gleichauf mit den Zeitungen und Nachrichtenmagazinen. Online-Angebote von Zeitungen, Nachrichtenmagazinen und öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern folgen mit geringem Abstand. Deutlich weniger Vertrauen genießen private Fernsehsender, Nachrichtenportale von Anbietern wie zum Beispiel T-Online, Yahoo oder Web.de sowie Boulevardmedien. Den in sozialen Medien kursierenden Nachrichten begegnen die Wähler besonders skeptisch. YouTube, Facebook und Twitter bilden die Schlusslichter im Vertrauens-Ranking.
Fazit also: Obwohl sie sich durchaus auch medienkritisch äußern – 30 Prozent monieren zum Beispiel zuviel politische Korrektheit – setzen die Wähler im Kampf gegen Fake News auf unabhängigen Journalismus. Eine staatliche Behörde für Nachrichtenüberprüfung – also eine Art “Wahrheitsministerium” – befürwortet nur eine 25-prozentige Minderheit